Verbundene Flaschendeckel: Was bringt die EU-Vorschrift dem Umweltschutz? (2024)

EU-RegelungWas bringen Flaschendeckel an der Leine?

Gewöhnungsbedürftig, teuer bei der Umstellung – aber wenigstens gut für die Umwelt? Seit diesem Sommer müssen viele Flaschen fest verbundene Deckel haben. Experten streiten, ob der Aufwand lohnt.

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Verbundene Flaschendeckel: Was bringt die EU-Vorschrift dem Umweltschutz? (1)

Es gibt sie schon eine ganze Weile, aber seit dem 3. Juli gilt tatsächlich ein Verbot: Bestimmte Getränke dürfen nun keine losen Verschlussdeckel mehr haben. Die Idee dahinter ist offensichtlich, die Regelung soll Müll in der Landschaft verringern. Für Verbraucher sind Deckel, die fest mit der Flasche verbunden sind, allerdings oft gewöhnungsbedürftig, für manche gar ein Ärgernis.

Auch in der Fachwelt zeigt man teils Skepsis. Ein Verpackungsexperte, Markus Prem von der Hochschule Kempten, hat die verbindliche Vorgabe gegenüber der Deutschen Presse-Agentur scharf kritisiert. Die fest angebundenen Flaschendeckel seien nicht zwingend und nicht logisch. »Bringt das wirklich etwas für den Planeten oder selbst für Europa? Und da ist meine klare Antwort: Nein.«

Es handele sich um reinen Aktionismus, um ein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Der Experte geht aber davon aus, dass auch bei den sogenannten tethered caps bald ein Gewöhnungseffekt eintritt.

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Prem sagt, die Menge an weggeworfenen Deckeln, die schließlich im Meer oder in Flüssen und Seen landen, sei äußerst gering. »Man hat damit der Industrie Milliardeninvestitionen unter anderem in neue Maschinen auferlegt für einen Effekt, der quasi nicht messbar ist.«

Das Verbot gilt EU-weit. Die Gemeinschaft hat damit auf Untersuchungen zur Müllbelastung in den Meeren reagiert. (Lesen Sie hier die Zusammenfassung des wissenschaftlichen Dienstes der EU-Kommission.) Demnach gehören Verschlussdeckel zu den größten Müllgruppen, die Meeresbiotope belasten.

Seit Anfang Juli müssen daher auch in Deutschland alle Einweg-Getränkeverpackungen mit einem Volumen von bis zu 3 Litern, die ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehen, die sogenannten tethered caps haben. Das sind zum Beispiel Saftkartons oder Einweg-PET-Getränkeflaschen.

Der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels teilt auf Anfrage mit, Anlagen hätten um- oder neu gebaut werden müssen. »Wir gehen von Beträgen im Millionenbereich aus«, hieß es.

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Allerdings betont der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM), Aufwand und Kosten fielen sehr unterschiedlich aus. Für einige Unternehmen käme die Umstellung in der Abfüllung einer Produktneueinführung gleich. Andere hätten erhebliche Aufwendungen, wenn Änderungen in der Inspektionstechnik oder bei der Verschließtechnik notwendig waren.

Nach Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) betragen die »beträchtlichen« Kosten pro Abfüllungslinie rund 181.000 Euro. »Hinzu kommt der Mehraufwand für Deckel beziehungsweise Verschlüsse mit rund 0,2 Cent pro Stück«, sagt der stellvertretende BVE-Hauptgeschäftsführer Peter Feller.

Der Anteil Europas und Amerikas an den Kunststoffen, die ins Meer gespült werden, sei gering, sagt Prem. Die überwältigende Mehrheit stamme aus Asien. »Wir müssten ganz woanders ansetzen, wenn wir wirklich was bewegen wollten.« So sei es viel wichtiger, Kunststoffe zu recyceln und einen Kreislauf zu bilden. »Kunststoffe sind bisher in vielen Bereichen Verbundmaterialien, die nicht oder nur sehr schwer recycelbar sind.«

135. Jahrestag der Patentierung

Auch der VDM betonte, bei Glas- und PET-Flaschen werde bereits eine Rücklaufquote von rund 99 Prozent erreicht. »Das Problem des sogenannten Litterings hat also in Deutschland schon vor dem Inkrafttreten der EU-Richtline nicht existiert.« Mit »Littering« ist Vermüllung gemeint.

Dass sich die Verbraucher noch lange über die tethered caps aufregen, glaubt Markus Prem nicht. Auch an die Abschaffung von Plastiktüten oder Strohhalmen aus Kunststoff hätten sich die Menschen gewöhnt. Grundsätzlich handele es sich beim Schraubverschluss um eine Erfolgsgeschichte. Kommenden Samstag vor 135 Jahren wurde der Verschluss vom Briten Dan Rylands patentiert. Es gebe natürlich noch andere Verschlusssysteme wie Kronkorken oder Aufreißlaschen. »Aber es gibt keine so einfache Methode, um etwas zu verschließen wie mit dem Schraubverschluss«, sagt Prem.

Bislang liegen weder dem Bundesumweltministerium noch dem Umweltbundesamt Zahlen vor, wie stark sich der Plastikmüll durch die neue Vorgabe verringern könnte. 2027 will die Bundesregierung laut Umweltministerium die Umsetzung der neuen Regelung bewerten.

Kritik der Verbraucherzentrale

Philip Heldt, Referent für Ressourcenschutz bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, ist nicht überzeugt von den neuen Schraubverschlüssen: »Ich empfinde die Änderung der Verschlussart als wenig zielführend.« Das Gesetz gehe ihm zufolge am Kernproblem vorbei. »Wir verbrauchen viel zu viele Einwegprodukte«, sagt Heldt. »Deckel zu ändern, nützt der Umwelt erst mal nichts.«

Heldt wäre zum Beispiel eine Regelung lieber, um verpflichtend die Hohlräume bei Produkten zu reduzieren und dadurch Verpackungsmüll zu verringern. Auch Verbote von unnötigen Umverpackungen wie Kartons bei Zahnpasta würden demnach zu einer Materialersparnis und Umweltentlastung führen.

mamk/dpa-AFX

Verbundene Flaschendeckel: Was bringt die EU-Vorschrift dem Umweltschutz? (2024)

FAQs

Verbundene Flaschendeckel: Was bringt die EU-Vorschrift dem Umweltschutz? ›

« Heldt wäre zum Beispiel eine Regelung lieber, um verpflichtend die Hohlräume bei Produkten zu reduzieren und dadurch Verpackungsmüll zu verringern. Auch Verbote von unnötigen Umverpackungen wie Kartons bei Zahnpasta würden demnach zu einer Materialersparnis und Umweltentlastung führen.

Warum sind die Deckel bei PET-Flaschen fest? ›

Seit Kurzem sind die neuen, fest an Plastikflaschen angebrachten Deckel in aller Munde. Die sogenannten «Tethered Caps» sind seit dem 3. Juli 2024 Pflicht. Sie sollen sicherstellen, dass die Deckel nach Gebrauch nicht unachtsam in der Natur entsorgt werden und so die Umwelt verschmutzen.

Was wird ab 2024 für PET-Flaschen Pflicht? ›

Was wird ab 2024 für PET-Flaschen Pflicht? Seit Juli 2024 müssen nämlich alle PET-Einweg-Plastikflaschen (bis drei Liter Fassungsvermögen) einen solchen fest verbundenen Verschlussdeckel haben. Egal, ob Wasser, Cola, Limo oder Milchflaschen.

Warum gehen die Flaschendeckel nicht mehr ab? ›

Die Idee hinter der Vorgabe ist diese: Können der Verschluss und die Flasche nicht mehr getrennter Wege gehen, landet der Deckel ebenfalls im Pfandautomaten, wohin dessen größere Hälfte wegen des ➤Flaschenpfands sehr wahrscheinlich getragen wird.

Was passiert mit Flaschendeckeln? ›

Die Deckel können recycelt werden und sollten daher in den gelben Sack oder die gelbe Tonne. Bei der Sammlung vom Altglas bleiben die Deckel aber oft dran und gehen dann auch mit zum Glascontainer.

Warum sind Flaschenverschlüsse jetzt befestigt? ›

Grund ist eine EU-Umweltschutzrichtlinie. Der Trend wird zunehmen: Ab 2024 werden laut EU-Richtlinie 2019/904 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt Einweg-Kunststoffflaschen und andere Getränkeverpackungen wie Tetra Paks mit ihren Deckeln verheiratet.

Warum Deckel von Plastikflasche trennen? ›

Das Wichtigste in Kürze: "Tethered Caps" sind Verschlusskappen, die an der Verpackung befestigt sind. Lose Deckel an Flaschen oder Saftkartons vermehren den Plastikmüll in Gewässern, Wäldern oder an Stränden.

Was ändert sich 2024 im Pfandsystem? ›

Ab 2024 gilt Pfandpflicht auch für Milch und Milcherzeugnisse in Flaschen aus Einwegplastik. Ab dem 1. Januar 2024 muss auch auf Milch, Milchmischgetränke und Milchprodukte in Einwegkunststoffflaschen ein Pfand von mindestens 25 Cent erhoben werden.

Welchen Sinn haben die neuen Deckel? ›

Neue Deckel sollen für weniger Plastikmüll in der Umwelt sorgen. Um den Plastikmüll in der Umwelt zu verringern, sind seit 03. Juli in Deutschland lose Verschlusskappen bei bestimmten Getränken verboten.

Kann man Flaschen ohne Deckel abgeben? ›

August 2022 | Mit oder ohne Verschluss zurückgeben? Das ist eine der Fragen, die Verbraucherinnen und Verbraucher am häufigsten stellen. Die Antwort lautet: Mehrwegflaschen mit einem Schraubgewinde sollten immer mit Verschluss zurückgegeben werden.

Warum sind jetzt alle Flaschendeckel befestigt? ›

Lose Verschlüsse wurden im Rahmen eines größeren Plans zur Bekämpfung des Plastikmülls in Europa verboten . Der Block sagt, dass sie zu den am häufigsten an Stränden weggeworfenen Einweg-Plastikprodukten gehören. Derzeit werden große Mengen davon nicht recycelt und landen in unseren Ozeanen.

Warum Flaschendeckel sammeln? ›

In ganz Deutschland sammeln Menschen kleine bunte Deckel, um die Krankheit Kinderlähmung einzudämmen. Entstanden ist die Idee 2013 in einer Kneipe. Seitdem hat sie einiges in Bewegung gebracht.

Warum sind lose Verschlusskappen verboten? ›

Um den Plastikmüll in der Umwelt zu verringern, sind seit heute in Deutschland lose Verschlusskappen bei bestimmten Getränken verboten. Das betrifft Einwegverpackungen, deren Deckel aus Kunststoff bestehen – etwa Saftkartons oder Einweg-PET-Flaschen – mit einem Volumen bis zu drei Litern.

Warum Deckel mit Flasche verbunden? ›

Denn der Deckel verhindert das Auslaufen von Getränkeresten und das damit verbundene Verschmutzen von Stoffbehältern.

Warum sind Deckel nicht recycelt? ›

Grundsätzlich besteht das Problem beim Recycling von Getränkebehälter-Verschlüssen darin, dass sie überwiegend aus anderem Kunstharz als die Getränkehülle gegossen wurden.

Warum Flasche und Deckel getrennt entsorgen? ›

Muss der Plastikdeckel bei Getränkekartons separat entsorgt werden? Der Deckel besteht aus einem anderen Material als der Getränkekarton. Daher sollte er getrennt von dem Karton in die Wertstoffsammlung wie die Gelbe Tonne bzw. den Gelben Sack gegeben werden.

Warum hängt der Verschluss an der Flasche? ›

Dass der Deckel der Milchpackung oder einer Einwegflasche neuerdings nicht mehr ohne Weiteres entfernt werden kann, ist kein Verarbeitungsfehler, sondern ein neuer Hersteller-Trend. Die sogenannten Tethered Caps sollen verhindern, dass die Deckel von den Flaschen getrennt werden und als Müll in der Umwelt landen.

Warum Deckel an Tetrapack fest? ›

Verbundene Verschlüsse sind so konzipiert, dass sie gemäß der bevorstehenden EU-Richtlinie zu Einwegplastik auch nach dem Öffnen fest mit der Kartonverpackung verbunden sind, um wildem Plastikmüll vorzubeugen.

Warum Deckel von Tetrapack trennen? ›

Plastik-Deckel: Immer mehr Strände sind damit zugemüllt

Einen Großen Anteil davon machen Plastikdeckel aus. Diese werden teils achtloser weggeschmissen als Flaschen oder Tetra Paks. Deshalb will die EU bis Mitte 2024 Flaschen und Tetra Paks verbieten, dessen Deckel sich trennen lassen.

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